»Als wir verschwanden«
Klappentext
Anna erwacht auf der Yacht ihres Bruders. Die drei anderen Crewmitglieder sind verschwunden, Land ist nicht in Sicht und sie hat Erinnerungslücken.
Als Anna die Küste erreicht, muss sie sich dem Albtraum stellen. Was immer auf dem Boot geschehen ist, hat sich auch an Land ereignet: Die Welt ist menschenleer.
Anna macht sich auf die Suche nach Überlebenden. Es findet sich eine Gruppe, die gemeinsam nach Norden zieht, dorthin, wo es fruchtbares Ackerland gibt. Ohne Motoren und ohne Strom wandern sie durch eine leise gewordene Welt. Für Anna wird der Weg nach vorne ein Weg zurück – zurück zu einer Liebe, die nie hätte sein dürfen und doch alles für sie war.
Auch die Gruppe sieht sich mit elementaren Fragen konfrontiert: Hat der Mensch selbst diese Apokalypse ausgelöst oder steckt eine fremde Macht dahinter? Welches Ziel könnte eine solche Macht verfolgen? Kann es überhaupt ein Überleben für sie alle geben? Aber dann begegnet Anna dem Feind und muss sich für eine Antwort entscheiden.
»Als wir verschwanden« ist ein Roadtrip durch eine verlassene Welt – eine Reise durch Licht und Finsternis des Menschseins. Indessen vergeht das Alte und das Neue entsteht: strahlend hell, perfekt konstruiert, aber zutiefst tyrannisch.
Worum es für mich in »Als wir verschwanden« geht
»Als wir verschwanden« ist ein Science-Fiction-Roman, halb Utopie, halb Dystopie, aber alles andere als ein Genretext. Es gibt kein brutales Gemetzel, kein Blut, keine Intrigen und auch die üblichen »Bad Boys« fehlen. Zeitweise mutet Annas Roadtrip wie Sommerurlaub an, weil es, in der stillen apokalyptischen Welt, vorerst keine direkte Bedrohung gibt. Der Kampf wird im Denken ausgetragen, mit sich selbst. Anna muss irgendwie mit der Situation zurechtkommen, muss sie sich logisch erklären, auch wenn ihre Vermutungen fürs Erste Arbeitshypothesen bleiben müssen.
Ich wollte sehen, wie die Figur mit der Situation fertig wird. Also: Wie bewährt sich Anna in dieser absurd-schrecklichen Situation, die man normalerweise mit Kino und Popcorn verbindet? Welche Streiche spielt der Verstand? Was sind die Bewältigungsstrategien? Und vor allem die Frage: Wie konnte das geschehen? Warum ist es geschehen? Und wie fühlt sich das an, wenn man alles verloren hat, was einem bis eben noch grundlegend ausgemacht hat?
Das übergeordnete Thema ist das Verschwinden im Sinne von Verlust. Verlust von allem – auf der persönlichen Ebene genauso wie auf der gesellschaftlichen. Deshalb wird in »Als wir verschwanden« auch die Liebesgeschichte zwischen Anna und Frank in Rückblicken erzählt, weil diese Beziehung Annas Leben geprägt hat und Annas Handlungen und Einschätzungen in der Story-Gegenwart mehr als alles andere beeinflusst.
Aber natürlich bleibt es nicht nur bei Sonnenschein und Sommerfeeling. Natürlich haben das Fremde und der Feind dann doch ihren Auftritt.
Der Weg zur Veröffentlichung
»Als wir verschwanden« ist mein erstes veröffentlichtes Romanprojekt – in einem Selfpublishing-Verlag.
Etwas selbst zu verlegen, war für mich bis März 2020 völlig ausgeschlossen. »Großer Publikumsverlag« oder »Schublade« lautete mein Wahlspruch – gute Kontakte zu den großen Häusern hatte ich seit Jahren.
Aber dann war »Als wir verschwanden« fertig – im ersten Corona-Jahr und so vieles, was in meinem Roman wichtig war, geschah tatsächlich draußen in der Wirklichkeit. Doch meine guten Kontakte in den größten deutschen Verlagen sagten: »Nein.«
Das Marketing des einen Konzerns sagte: »Dystopien laufen nicht«, ohne den Text auch nur zu prüfen und die Lektorin des anderen Konzerns sagte: »Vor 2023 lässt sich da überhaupt nichts machen.« Das war März 2020.
Also habe ich es selbst gemacht. Und ich bereue es nicht eine Sekunde, weil ich das große Glück hatte, mir – durch mein berufliches Umfeld – ein einzigartiges, hochprofessionelles Team zusammenstellen zu können, das auf jedem Schritt des Weges hinter dem Projekt stand.
Innen wie außen stammt das wundervolle Design von Anke Meschede – element 79 –, die auch den gesamten Buchsatz übernommen hat. Anke Meschede ist diplomierte Designerin, die 2016 den »Red Dot Design Award« gewonnen hat.
Lektorat & Korrektorat übernahm VFLL-Lektorin Beate Weih, die seit Jahrzehnten Belletristik, Fachtexte und namhafte Magazine lektoriert.
Ines Balcik ist ebenfalls Verbandslektorin und passionierte Seglerin, sie hat Anna fachlich auf der Seacloud betreut.
Und zu guter Letzt stand mir Marco Grünler – GrünLaw® Rechtsanwälte – für alle rechtlichen Fragen zur Verfügung und hat durch seine vortrefflichen Rechtsgutachten, Recherche-Graubereiche gleißend hell ausgeleuchtet.
Aus meiner Arbeit als Lektorin weiß ich, dass ich als unbekannte Autorin bei keinem großen Verlag so viel Engagement, soviel Detailliebe und so viel Know-How erhalten hätte – auch das ist leider eine traurige Wahrheit der gegenwärtigen Buchbranche.
Etwas selbst zu verlegen ist unglaublich anstrengend. Alle Texte müssen selbst geschrieben werden – vom Klappentext bis zum Werbeslogan. Alle Entscheidungen müssen selbst getroffen und selbst bezahlt werden. Das ist der Preis der Freiheit, aber dafür konnte auch niemand eine »düstere Klippen-Landschaft mit gefährlichem Wolf« als Cover auswählen (war tatsächlich ein Vorschlag aus dem Marketing eines eBook-Verlages) oder einen Klappentext, der völlig am Thema vorbeigeht und etwas verspricht, was null gehalten wird (ebenfalls tatsächlich passiert).
Dass »Als wir verschwanden« im Sommer 2022 für den deutschen Selfpublishing-Buchpreis nominiert wurde (letzte 10 aus knapp 700 Einsendungen im Bereich Belletristik), zeigt, dass wir als Team alles richtig gemacht haben.
Teaser gefällig?
Erster Teil │SEACLOUD
1
Schwärze.
Schaukeln. Geräusche: Klatschen, Rauschen, Klirren. Das Rauschen kam und ging, schwoll an und wieder ab. Das Ich kehrte zurück, aber von so weit her, dass es noch nicht unterscheiden konnte, was im »Davor« Wirklichkeit und was Traum gewesen war. In jenem Moment des Aufwachens gab es nur eine Gewissheit: Sie war es, die diesen Gedanken dachte.
Anna öffnete die Augen. Zwei weiße Balken ragten in eine ebenmäßige Fläche. Was war das für eine Fläche? Der Himmel? Und die Balken, durchkreuzt von anderen Linien – waren das Bootsmasten und Leinen? War sie auf einem Boot? Der Seacloud?
Sie blinzelte. Ja, die Seacloud. Um diese Erkenntnis sammelten sich die Erinnerungen: Sie und Markus, Frank und Sabine. In Genua. Ein Zwei-Wochen-Törn, an der Küste entlang Richtung Westen.Über ihr schlug ein Drahtseil gegen den Großmast. Anna blinzelte erneut, fröstelte. Sie stützte sich auf, drehte sich zur Seite. Kalter Wind streifte sie. Die Luft roch nach Salz und Tang. Sie hatte nur einen Bikini an. Unter ihr lag ein Handtuch auf den Planken. Offensichtlich war sie in der Sonne eingeschlafen. So schwindlig und benommen, wie sie sich fühlte, musste sie lange geschlafen haben.
»Frank?« Sie stand auf, schwankte, hielt sich an der Reling fest. »Markus?«
Die Planken unter ihren Füßen waren kalt. Das Meer spiegelte das Quecksilbergrau der Wolken. Nach dem Stand der Sonne zu urteilen, musste es Mittag sein, doch das Licht war schwach wie zur Dämmerung. Sie ließ ihren Blick über den Horizont schweifen, dann über das Deck. Am Bug, auf der Backbordseite, war der Anker ausgebracht. Mitten im Nirgendwo. Wieso waren sie rausgefahren? Sie hatten doch an der Küste bleiben wollen. Sie versuchte sich zu erinnern, konnte es aber nicht.
»Markus?« Die Weite jenseits des Bootes schluckte ihre Stimme. »Frank?!«
Sie stieg unter Deck. Über dem Skippersitz im Steuerraum hingen ihre Jeans und ihr T-Shirt. Auf der Sitzecke lag Franks altes »Sail fast – live slow«-Sweatshirt, auch das zog sie an.
»Wo seid ihr?« Sie durchquerte den Raum und öffnete die Tür zur großen Kabine, aber auch dort war niemand. Ebenso wenig in den anderen beiden Kabinen. Die drei waren vermutlich schwimmen gegangen. Anna stieg wieder nach oben, trat an die Reling und umrundete das Deck, während sie die Wasseroberfläche absuchte. Nirgendwo Schwimmer. Das ist ein Scherz, ein ganz bescheuerter Scherz.
Anna stieß sich von der Reling ab, lief zum Niedergang, sprang fast die steile Treppe hinunter und riss jede einzelne Tür auf, wobei sie mehrmals rief: »Das ist nicht witzig! Hört ihr?! Überhaupt nicht witzig!« Als sie wieder im Steuerraum stand, sagte sie: »Okay, ich hole jetzt die Küstenwache. Ihr könnt mich mal!«
Ein leises Knarren unter ihren Füßen. Sie stand auf der Klappe zum Maschinenraum. »Oh Mann.« Sie öffnete die Klappe. Unten blieb es dunkel, trotz des automatischen Kontakts, der normalerweise das Deckenlicht angehen ließ.
»Jetzt kommt schon raus.«
Nichts. Nur das Klatschen der Wellen und das Schaukeln des Bootes. Anna stieg in den niedrigen, engen Raum. Das einfallende Licht genügte, um zu sehen, dass sie allein war.
Und wenn die drei doch irgendwo draußen im Wasser waren? Vielleicht hatte Anna sie nicht gesehen, weil sie bereits zu weit abgetrieben waren?
Sie ließ die Klappe zurückfallen – der Knall war so laut, dass sie ihn wie einen Stoß spürte –, sprang mit drei großen Schritten den Niedergang hoch, griff das Fernglas und suchte ein weiteres Mal die Wasseroberfläche ab. Tut mir das nicht an!
Sie lief zum Cockpit zurück, legte das Fernglas wieder auf die Steuerkonsole. Wieso war das GPS aus? Anna drückte die ON-Taste. Es war zwar nur das kleine Handgerät – das große war unter Deck im Regal über dem Navigationstisch, dort, wo auch der Funk und das Satellitentelefon installiert waren – dennoch: Es war dieses GPS, das ihr Bruder auf See niemals aus den Augen ließ. Anna drückte wieder die ON-Taste, drückte sie fester – nichts. Sie hielt die Taste unten. »Komm schon.« Aber das Gerät blieb tot. Was soll’s, ich muss sowieso runter. Sie stieg unter Deck, öffnete dabei das Batteriefach, nahm den Akku aus dem Gerät, setzte ihn wieder ein, schloss das Fach. Wieder drückte sie die ON-Taste, aber das Display zeigte keine Regung.
Wo hat er das Lade– sie erstarrte. Vor ihr, im Regal über dem Navigationstisch, sah sie Radar, Funk und das große GPS. Sie waren alle tot. Alle. Unmöglich. Das ist unmöglich!
Dass diese Geräte keinen Strom hatten, war ausgeschlossen, und in diesem einen Fall wusste Anna auch warum: Radar, Funkgerät und GPS waren nicht nur an die Motorbatterie angeschlossen, sondern auch an die Solarzellen und die Windturbine. Bruder und Vater hatten dieses Sicherheitsfeature oft genug erläutert.
Anna stand noch auf den Stufen des Niedergangs. Sie sah hinter sich, nach oben, in diesen seltsam bleigrauen Himmel. Stehenbleiben und Atemholen erforderten plötzlich eine unglaubliche Anstrengung. Der Schwindel nahm zu, mit ihm die Übelkeit.
Frank, du kannst mich doch nicht alleine lassen. Was soll ich denn jetzt machen?
»Was soll ich denn jetzt machen?«, wiederholte sie hörbar, aber es gab keine Antwort, nur das Plätschern der Wellen und das Knarren der Planken.
[…]
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